Doch Tata ist nicht zum Verkaufen nach Europa gekommen. Er will einkaufen - und vor allem Ängste zerstreuen. Denn sein Konglomerat ist gerade dabei, die traditionsreichen Autohersteller Jaguar und Land Rover vom Ford-Konzern zu übernehmen. "Wir werden alles tun, um das Britische an der Marke zu stärken", sagt Tata beschwichtigend. Es werde keine "drastischen Einschnitte" geben, nicht im Management und auch nicht in der Produktion.
Nach achtmonatigen Verhandlungen hat Ford am Dienstag angekündigt, man habe sich in "groben Zügen" bereits geeinigt. Auch über den Kaufpreis, er soll angeblich 2 Mrd. $ betragen. In spätestens zwei Wochen sei die Übernahme unterschriftsreif, heißt es in der Branche.
Der Deal wäre eine Sensation: Ein Unternehmen aus der Ex-Kolonie Indien kauft die Kronjuwelen des Empires. Jaguar, der Stolz der britischen Automobilindustrie, wird künftig von Mumbai aus regiert. Für manchen nationalbewussten Briten grenzt das an einen Weltuntergang.
Ratan Tata wagt den Tabubruch. Aber auf seine Art: leise und ohne Überschwang. In seiner indischen Heimat wird der 70-Jährige gern mit Henry Ford verglichen, dem Urvater des Automobilbaus. Denn er hat Indiens Autoindustrie revolutioniert. Mitte der 90er ließ er bei Tata Motors, bis dahin als Hersteller billiger Lastwagen und robuster Busse für die Dritte Welt bekannt, einen modernen Personenwagen entwickeln.
Viele hielten ihn damals für verrückt, ja größenwahnsinnig. Denn noch nie hatte ein indisches Unternehmen ein Auto von Grund auf selbst konzipiert, um im Wettbewerb mit westlichen Marken zu bestehen.
Doch 1998 fuhr der erste Tata Indica (Indian Car) vom Band. Heute ist der Indica Nummer zwei auf der Liste der meistverkauften Autos in Indien - nach Suzuki Marutti - und wird nach Spanien, Italien oder Griechenland exportiert.
Der Indica war nur der Anfang. Ihm auf dem Fuß folgten die Mittelklasselimousine Indigo sowie der Ace, ein billiger Kleinlaster, der alle Popularitätsrekorde bricht. Und vor wenigen Wochen präsentierte Tata dann auch den Nano, mit seinem Neupreis von 1700 Euro der billigste Pkw der Welt.